Lines
13. Februar 2022

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23. April 2022

Lines‘ ist die erste Einzelausstellung mit Zeichnungen und plastischen Arbeiten der 1990 in Tokyo geborenen Künstlerin Rikako Kawauchi außerhalb Japans.

Rikako Kawauchis Arbeit ist von drastischer, häufig verstörender Intensität, und sie ist von einer Unmittelbarkeit, wie wenn die Künstlerin mit dem Bleistiftstrich ihren Puls weitergeben würde. Das Zeichnen, das schreibt sie selbst über ihre Arbeitsweise, ist wie der Resonanzkörper ihres eigenen Körpers, der die Impulse aus der Reaktion auf andere Körper und deren Körperlichkeit verarbeitet. Und in der Wahrnehmung von Körperlichkeit stehen vor allen Dingen Speisen, das Essen, die Aufnahme von Lebensmitteln aber deren Verarbeitung und ebenso die sexuelle Interaktion, auch die gewaltsame und phantasierend-obsessive, im Zentrum ihrer künstlerischen Arbeit.
Es geht um Dasein, das vom Ausgesetztsein nicht zu unterscheiden ist.

Vor allem bei den Aquarellen fällt auf, das sie viel weniger seismographische Abbilder von Introspektionen sind, als vielmehr sich das Interesse der Künstlerin auf den Akt konzentriert, ein Gegenüberliegendes oder -stehendes in seiner vollen Körperlichkeit auf dem Blatt Papier entstehen zu lassen. So nutzt Kawauchi den fast intuitiven Strich als Linie, die sich in der Vielzahl zu Umrissen verdichten kann. Dieser Strich kann modulationslos sein wie ein gebogenes Stück Draht oder durch den unterschiedlichen Druck der Hand fast dreidimensional lebendig. In früheren Zeichnungen kontrastiert das eine zum anderen, in den jüngeren kontrastiert beides zu den aquarellierten Partien, die dadurch eine ungeheure Realität bekommen und wie aufgebrochene oder noch nicht verheilte Wunden zu fast schmerzhafter Aufmerksamkeit zwingen.

Wir zeigen in der Ausstellung, die die Künstlerin als Gesamtinstallation konzipiert hat, 50 Aquarell-Zeichnungen, unter ihnen zwei raumhohe, die zwischen 2018 und 2020 entstanden sind und 4 plastische Arbeiten aus dem Jahr 2021. Diese plastischen Arbeiten lassen in ihrer Materialität und Verletzlichkeit vielleicht spontan an die Skulpturen der belgischen Künstlerin Berlinde de Bruyckere denken. Sie sind aber selbst „nur“ Linie, in Lebendigkeit und Puls wie etwas, das durch eine Ader fließt, und optisch tatsächlich wie ein frisch seziertes Blutgefäß aussehen könnte, wenn ihre Abmessungen dem nicht widersprechen würden.

Kawauchi studierte an der Tama Art University und schloss ihr Studium 2017 mit dem Master ab. Bereits 2014 erhielt sie den 1st CAF Award und ein Jahr darauf den begehrten Shiseido Art Egg Award. Denen folgten 2021 der TERRADA art award und 2022 der VOCA Award. 

Rikako Kawauchi wird von der Tokioter Galerie Waitingroom in Japan vertreten.

Werke & Installationsansichten