Die finnische Fotokünstlerin Elina Brotherus ist für ihre Selbstporträts, tagebuchartigen Serien, Landschaftsaufnahmen und situative Bilder international bekannt geworden. Nicht nur ihre unverwechselbare Ästhetik und Bildsprache, sondern auch die ebenso ganz einzigartige Stimmung prägen seit Ende der 1990er Jahre ihr fotografisches Werk, das zugleich spielerische, hintersinnige, existenzielle Dimensionen erreicht.
In nahezu all ihren Foto- und Videoarbeiten ist die Künstlerin selbst zu sehen. Nach den eher introspektiven Serien ihrer Anfänge suchte Elina Brotherus ab 2016 neue Wege und fing an, sich mit der Konzept- und performativen Kunst der 1960er/70er Jahre auseinanderzusetzen. Ihre künstlerische Annährung an Fluxus, John Baldessari, John Cage, Mieko Shiomi oder Francesca Woodman ging unter anderem einher mit der Neuinterpretation der damaligen Aktionen und Aufzeichnungen von Performances (sogenannten Event-Scores). Dabei schafft sie mit ihren neuen Inszenierungen mal poetische, mal hintersinnige Hommagen an ihre Vorgänger:innen des 20. Jahrhunderts, mit denen sie augenzwinkernd und respektvoll in Dialog tritt.
In diesem Kontext beschäftigte sich Elina Brotherus etwa 2 Jahre lang auch mit Joseph Beuys (1921-1986), weniger als Aktionskünstler, als vielmehr als die unverkennbare Ikone der 1970er Jahre mit Stetson-Hut, Anglerweste und weißem Hemd. So übernahm sie eines seiner Attribute, den Hut, wie um besser in seine Haut schlüpfen und sich ihm dadurch besser nähern zu können.
Mit diesem Hut wird Brotherus zu einer fiktionalen Figur, einer Beuyschen Reminiszenz, die sich in jedem Bild in ihrer eigenen ästhetischen Sprache, nach den eigenen inhaltlichen Perspektiven und eigenen werkimmanenten Referenzen selbstinszeniert. So besucht die Protagonistin Orte, die wichtige Stationen in Beuys’ Leben gewesen sind, wie die Düsseldorfer Kunstakademie, den Niederrhein und Venedig. Aber auch an solchen, an denen Beuys nie gewesen ist, wie Deauville und Istanbul, nimmt sie ihn einfach mit, als geistigen Begleiter ihrer Gedanken- und Bilderwelt.
Von Bild zu Bild verselbständigt sich zunehmend die fiktionale Erzählung dieser Wanderungen und wird zu einem neuen, schlüßigen Zyklus innerhalb der stringenten, konzeptuellen Recherche, die Elina Brotherus seit ihren Anfängen konsequent fortsetzt.
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