Marcus Neufanger

Geboren 1964, lebt und arbeitet in Schwäbisch Hall

Lawrence Weiner
Oil pastel on paper
100 x 70 cm

Marcus Neufanger

Geboren 1964, lebt und arbeitet in Schwäbisch Hall

Marcus Neufanger

Curriculum Vitae

1964 Born in Nuremberg / DE
Current Lives and works in Schwäbisch Hall / DE

Grants and awards

Selected Exhibitions (Solo / Group shows)

2024 Pauli-Preis 2024, Kunsthalle Bremen / DE (G)
BIS ZUM LETZTEN BILD, Kunstverein Eislingen / DE (G)
2022 BIBLIOMANIA - Das Buch in der Kunst, Kunstmuseum Villa Zanders, Bergisch Gladbach / DE (G)
2021 MADE FOR COLOGNE, Van der Grinten Galerie, Cologne / D (solo)
2020 ZAKRYTOYE OBSHCHESTVO, Katja & Felix von Döring Contemporaries, Schwäbisch Hall / DE (G)
31 : WOMEN; AFTER MARCEL DUCHAMP, Daimler Art Collection, Berlin / DE (G)
2019 Fixiert-Image und Imagination, Parrotta Contemporary Art, Cologne / DE (G)
Kunst ist immer eine Behauptung. Sammeln auch. 50 Jahre Sammlung Kraft, Kunstmuseum Villa Zanders, Bergisch Gladbach / DE (G)
Die Entdeckung des Sichtbaren – so universell wie ein Schweizer Taschenmesser, KISS, Kunsterverein im Schloss, Untergröningen / DE (G)
POESIE / Platten & Poeten, Golden Garage, Schwäbisch Hall / DE (G)
THE VOID with TALK Portraits, Museum Frieder Burda, Salon Berlin / DE (G)
2018 SILENT HIRST, Van der Grinten Galerie, Cologne / D (solo)
BOOKS/PAINTINGS, ARTBOOKSAAR, Homburg / D
2017 PORTRAIT OF AN ARTIST, Van der Grinten Galerie, Cologne / D (mit Fernando de Brito)
HOUSE OF PORTRAITS, Vitamin/Kunst & Projekte, Reutlingen / D
HOUSE OF PORTRAITS, Vitamin/Kunst & Projekte, Reutlingen / D
THESE BOOKS ARE MADE FOR YOU AND ME, Portraits & Vanity Paintings, Dieter Franck Haus, Schwäbisch Hall / D
WELT OFFEN, Städtische Galerie, Pforzheim / D (mit David Rabinowitch, David Reed, Richard Tuttle, Michael Venezia, u.a.) kuratiert von Harald Kröner
DE LA TETE AUX PIEDS, La Figure humaine dans la Collection Würth, MUSÉE WÜRTH ERSTEIN / F
Beware of Greeks, Kunstverein, Krefeld / D (mit Uwe Esser, Michael Growe und Thomas Pöhler) kuratiert von Uwe Esser/DE
WIESENSTÜCK, group show, van der Grinten Galerie, Cologne /DE
2016 Fünfzig Zigarren für das Licht der Zukunft, cinquenta puros para la luz del futuro, KISS Untergröningen /DE (upcoming)
HOW TO BE UNIQUE, Sammlung Kienzle, Kienzle Art Foundation, Berlin / DE
2015 Art Cologne, salon Verlag & Edition, Cologne / DE
Cologne Fine Art, COFA, Van der Grinten Galerie, Cologne /DE
2014 BOOKS, PORTRAITS & VANITY, Van der Grinten Galerie, Cologne / DE
„l´oiseau présente…“, Ballhaus Ost, Berlin / DE
Zimmer mit Aussicht – Poetik des Raumes, KISS, Kunstverein Untergröningen / DE
2013 seance room, Stefan Schuelke fine books, Cologne / DE
WHAT A FUCKING WASTE OF TIME, (mit Alfred Müller), Kienzle Art Foundation, Berlin / DE
Fenster Fenster, L6, Freiburg / DE
Kunst und Neue Arbeitswelt, Städtische Galerie Waldkraiburg / DE
2012 GARE DE L´EST, Kunstverein Esslingen, Villa Merkel / DE
Von Kopf bis Fuß, Kunsthalle Würth, Schwäbisch Hall / DE
TEXT iles, KISS, Kunstverein Untergröningen / DE
REAL LIFE, Kunstforum Bausparkasse, Schwäbisch Hall / DE
2011 buch für buch, cover to cover, Buchhandlung Walther König, Cologne / DE
carte blanche, BBK, Kunstverein Offenburg, DE
2010 Hällisch Fränkisches Museum, Schwäbisch Hall (mit Johannes Seibt) / DE
Die Sammlung Teil II, Kulturwerk T66, Freiburg / DE
2009 Lieb und teuer, Kunstverein Pforzheim / DE
4. Ellwanger Kunstausstellung, Kunstverein Ellwangen / DE
2008 7 Bilder, Schauraum, Schwäbisch Hall / D
2007 IMAGES, Spike Art Magazin, Vienna / AT
Collections Reinhold Adt, Technologiepark, Tübingen/Reutlingen / DE
Arbeiten aus der Sammlung der Graphothek Stuttgart, Stadtbücherei Stuttgart / DE
2006 AD ED ON ISA IMI SOL, Galerie Kienzle & Gmeiner, Berlin / DE
PAOLOZZIMOZZI, T66, Freiburg (mit Georg Winter) / DE
HELDENPARTY II, Wilhelmspalais in der Stadtbücherei, Stuttgart / DE
2005 Madame Realité, Städtische Galerie Waldkraiburg und Hallen für Kunst, Freiburg / DE
2004 Madame Realité, E-Werk Hallen für Kunst, Freiburg / DE
HELDENPARTY, Wilhelmspalais in der Stadtbücherei, Stuttgart / DE

Group Exhibitions (selected)

Marcus Neufanger

Die schönen Tage der Kunst sind gezählt

February 24, 2024

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April 13, 2024

Seit Anfang der 90er Jahre arbeitet Marcus Neufanger an einem konsistenten Werk über Künstler in ihrer Beziehung zu den Möglichkeiten, wie sie ihre Botschaften (über das eigene physische Werk hinaus) in die Welt senden. Die beliebtesten Mittel hierfür sind Künstlerbuch und Selbstinszenierung. Obwohl es sich wohl immer um Portraits von Künstlerinnen und Künstlern handelt, mit denen Marcus Neufanger eine Beziehung zur Kunstwelt und sich selber herstellt, geht es nicht um die Qualität dieser Botschaften. Es geht eher um die Darstellung der Möglichkeiten, also mehr um das, was die Botschaften erregen und erzeugen könnten, denn sie sind ja häufig linear, egomanisch oder exzentrisch.

1992 entstanden die ersten gemalten Umschlagtitel nach Katalogen seiner eigenen Bibliothek, und in dem Maße, wie es ständig Neuerscheinungen gibt, wächst auch das Oeuvre der sogenannten „Cover Paintings“ an. Wenn Typografie und grafische Gestaltung malerisch auf Leinwand übertragen werden, entfaltet ein handlicher Gebrauchsgegenstand wie ein Buch seine verblüffende Wirkung in der Vergrößerung auch als abstrakt organisierte Fläche aus Feldern und Buchstaben. Es ist erstaunlich, wie sich das „Bild“ eines Buchumschlages durch schlichte Vergrößerung verselbständigt. Aber das ist nicht alles, denn die Aura und physische Anwesenheit des ursprünglichen Buches transformiert Marcus Neufanger zusätzlich noch in die Körperhaftigkeit seiner Bilder, die, ob auf Leinwand oder Karton, durch die aufwendigen und komplexen Farbaufbau-Schichtungen  entsteht. 

2005 beginnt er die Serie der „Portraits“. Diesmal dienen veröffentlichte Fotos und Zitate als Vorlage für Zeichnungen mit Ölkreide. Diese wurden 2018 als umfangreiche Monografie von der Van der Grinten Galerie herausgegeben.
Schließlich folgen 2008 die ersten „Vanity Paintings“, als deren Bildmotiv nun lediglich die Nachnamen der Künstler dienen. Alle drei Werkblöcke streben, vergleichbar mit dem typologischen Werk von Bernd und Hilla Becher, der Unendlichkeit zu. Es ist gut möglich, dass Marcus Neufanger beim Malen seines ersten Bildes klar war, was passiert, und dass er damit aller Voraussicht nach nicht mehr aufhören würde. Zum Glück für alle, die diese Art intelligenter Kunst schätzen.

 

Marcus Neufanger ist 1964 in Nürnberg geboren. Er lebt und arbeitet in Schwäbisch Hall. Werke von Marcus Neufanger sind in zahlreichen deutschen Sammlungen repräsentiert, wie u.a. Staatsgalerie Stuttgart, ZKM, Karlsruhe, Badischen Landesmuseum Karlsruhe, Graphothek Stuttgart, Grafische Sammlung Esslingen, Hällisch Fränkisches Museum Schwäbisch Hall, Sammlung Würth, Künzelsau, Sammlung Bausparkasse, Schwäbisch Hall, Sammlung BW Bank, Stuttgart, und zahlreichen deutschen Privatsammlungen.

Marcus Neufanger

Die schönen Tage der Kunst sind gezählt

February 24, 2024

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April 13, 2024

Seit Anfang der 90er Jahre arbeitet Marcus Neufanger an einem konsistenten Werk über Künstler in ihrer Beziehung zu den Möglichkeiten, wie sie ihre Botschaften (über das eigene physische Werk hinaus) in die Welt senden. Die beliebtesten Mittel hierfür sind Künstlerbuch und Selbstinszenierung. Obwohl es sich wohl immer um Portraits von Künstlerinnen und Künstlern handelt, mit denen Marcus Neufanger eine Beziehung zur Kunstwelt und sich selber herstellt, geht es nicht um die Qualität dieser Botschaften. Es geht eher um die Darstellung der Möglichkeiten, also mehr um das, was die Botschaften erregen und erzeugen könnten, denn sie sind ja häufig linear, egomanisch oder exzentrisch.

1992 entstanden die ersten gemalten Umschlagtitel nach Katalogen seiner eigenen Bibliothek, und in dem Maße, wie es ständig Neuerscheinungen gibt, wächst auch das Oeuvre der sogenannten „Cover Paintings“ an. Wenn Typografie und grafische Gestaltung malerisch auf Leinwand übertragen werden, entfaltet ein handlicher Gebrauchsgegenstand wie ein Buch seine verblüffende Wirkung in der Vergrößerung auch als abstrakt organisierte Fläche aus Feldern und Buchstaben. Es ist erstaunlich, wie sich das „Bild“ eines Buchumschlages durch schlichte Vergrößerung verselbständigt. Aber das ist nicht alles, denn die Aura und physische Anwesenheit des ursprünglichen Buches transformiert Marcus Neufanger zusätzlich noch in die Körperhaftigkeit seiner Bilder, die, ob auf Leinwand oder Karton, durch die aufwendigen und komplexen Farbaufbau-Schichtungen  entsteht. 

2005 beginnt er die Serie der „Portraits“. Diesmal dienen veröffentlichte Fotos und Zitate als Vorlage für Zeichnungen mit Ölkreide. Diese wurden 2018 als umfangreiche Monografie von der Van der Grinten Galerie herausgegeben.
Schließlich folgen 2008 die ersten „Vanity Paintings“, als deren Bildmotiv nun lediglich die Nachnamen der Künstler dienen. Alle drei Werkblöcke streben, vergleichbar mit dem typologischen Werk von Bernd und Hilla Becher, der Unendlichkeit zu. Es ist gut möglich, dass Marcus Neufanger beim Malen seines ersten Bildes klar war, was passiert, und dass er damit aller Voraussicht nach nicht mehr aufhören würde. Zum Glück für alle, die diese Art intelligenter Kunst schätzen.

 

Marcus Neufanger ist 1964 in Nürnberg geboren. Er lebt und arbeitet in Schwäbisch Hall. Werke von Marcus Neufanger sind in zahlreichen deutschen Sammlungen repräsentiert, wie u.a. Staatsgalerie Stuttgart, ZKM, Karlsruhe, Badischen Landesmuseum Karlsruhe, Graphothek Stuttgart, Grafische Sammlung Esslingen, Hällisch Fränkisches Museum Schwäbisch Hall, Sammlung Würth, Künzelsau, Sammlung Bausparkasse, Schwäbisch Hall, Sammlung BW Bank, Stuttgart, und zahlreichen deutschen Privatsammlungen.

Marcus Neufanger

Made for Cologne

April 17, 2021

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June 5, 2021

Die aktuelle Ausstellung „Made for Cologne“, die Marcus Neufanger als Gesamt-Installation für die Galerieräume konzipiert hat, zeigt sämtliche neuen, 2020 und 2021 entstandenen malerischen Arbeiten aus dem Werkblock der „Books“. Die „Books“ sind zusammen mit den „Portraits“ und den „Vanity Plates“ die drei stetig wachsenden Werkblöcke im Oeuvre von Marcus Neufanger, mit denen er seit den 90er Jahren den Schleifpunkt zwischen „erweitertem“ Kunstbegriff und seinem Gegenteil als Kontinuum verarbeitet.

Auch wenn der Begriff Joseph Beuys zugeschrieben ist, hat ihn ja eigentlich Marcel Duchamp geprägt und vollzogen, als er ab 1913/14 begann, durch Ready-Made, Drucksachen, Fake, Theorie, Unterwanderung & Besetzen den Alleinanspruch des klassischen Instrumentariums künstlerischer Ausdrucksmittel außer Kraft zu setzen: Darstellung und Idee werden gleichrangig behandelt. In dieser Konsequenz stehen dann die Vertreter der Konzept-Kunst der 60er Jahre, besonders Lawrence Weiner und On Kawara, als Zeitgenossen von Beuys, der diesen Wendepunkt nun mit der Sozialen Plastik endgültig markiert.

Marcus Neufangers (wahrscheinlich auch biografisch begründete) Entscheidung, wie er sich im Feld des radikalen Umgangs mit der bildenden Kunst positionieren könne, brachte ihn zu Selbstbeschränkung, Askese und Konzentration und auf diese Weise dazu, sich selbst zum stetigen Benutzer und Bewohner seiner eigenen Bibliothek zu machen, deren Quelle durch permanente Befragung und Reflexion nicht zu versiegen scheint.

Die Liebe zu und die Beschäftigung mit den Büchern von Künstlern liegt bei Marcus Neufanger auf einer Ebene, die Hans Ulrich Obrist in einem Interview mit Franz Erhard Walther treffend charakterisiert: „Bücher sind so wichtig, besonders, weil sie auch an die unwahrscheinlichsten Orte gelangen. Viel weiter als Ausstellungen. Mich interessieren Bücher auch als Medium, weil Künstler sie mit so viel Zeit, Hingabe und Energie machen- Sie sind genauso wichtig wie große Installationen.“ Dieses Thema stellt eine wesentliche Facette der jüngeren Kunstgeschichte dar, bei der sowohl Themen wie Strategien der Wahrnehmung und der Wirksamkeit sowie kunstinterner Bezugssysteme hinterfragt werden. Außerdem ist das Buch das bleibende, universelle und multifunktionale Objekt der Demokratisierung.

Wenn Typografie und grafische Gestaltung malerisch auf Leinwand übertragen werden, entfaltet ein handlicher Gebrauchsgegenstand wie ein Buch seine verblüffende Wirkung in der Vergrößerung auch als abstrakt organisierte Fläche aus Feldern und Buchstaben. Es ist erstaunlich, wie sich das „Bild“ eines Buchumschlages durch schlichte Vergrößerung verselbständigt. Aber das ist nicht alles, denn die Aura und physische Anwesenheit des ursprünglichen Buches transformiert Marcus Neufanger zusätzlich noch in die Körperhaftigkeit seiner Bilder, die, ob auf Leinwand oder Karton, durch die aufwendigen und komplexen Farbaufbau-Schichtungen  entsteht.

Es ist gut möglich, dass man beim Besuch der Ausstellung sein Lieblingsbuch und sogar sein Lieblingsbild findet.

Marcus Neufanger

Made for Cologne

April 17, 2021

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June 5, 2021

Die aktuelle Ausstellung „Made for Cologne“, die Marcus Neufanger als Gesamt-Installation für die Galerieräume konzipiert hat, zeigt sämtliche neuen, 2020 und 2021 entstandenen malerischen Arbeiten aus dem Werkblock der „Books“. Die „Books“ sind zusammen mit den „Portraits“ und den „Vanity Plates“ die drei stetig wachsenden Werkblöcke im Oeuvre von Marcus Neufanger, mit denen er seit den 90er Jahren den Schleifpunkt zwischen „erweitertem“ Kunstbegriff und seinem Gegenteil als Kontinuum verarbeitet.

Auch wenn der Begriff Joseph Beuys zugeschrieben ist, hat ihn ja eigentlich Marcel Duchamp geprägt und vollzogen, als er ab 1913/14 begann, durch Ready-Made, Drucksachen, Fake, Theorie, Unterwanderung & Besetzen den Alleinanspruch des klassischen Instrumentariums künstlerischer Ausdrucksmittel außer Kraft zu setzen: Darstellung und Idee werden gleichrangig behandelt. In dieser Konsequenz stehen dann die Vertreter der Konzept-Kunst der 60er Jahre, besonders Lawrence Weiner und On Kawara, als Zeitgenossen von Beuys, der diesen Wendepunkt nun mit der Sozialen Plastik endgültig markiert.

Marcus Neufangers (wahrscheinlich auch biografisch begründete) Entscheidung, wie er sich im Feld des radikalen Umgangs mit der bildenden Kunst positionieren könne, brachte ihn zu Selbstbeschränkung, Askese und Konzentration und auf diese Weise dazu, sich selbst zum stetigen Benutzer und Bewohner seiner eigenen Bibliothek zu machen, deren Quelle durch permanente Befragung und Reflexion nicht zu versiegen scheint.

Die Liebe zu und die Beschäftigung mit den Büchern von Künstlern liegt bei Marcus Neufanger auf einer Ebene, die Hans Ulrich Obrist in einem Interview mit Franz Erhard Walther treffend charakterisiert: „Bücher sind so wichtig, besonders, weil sie auch an die unwahrscheinlichsten Orte gelangen. Viel weiter als Ausstellungen. Mich interessieren Bücher auch als Medium, weil Künstler sie mit so viel Zeit, Hingabe und Energie machen- Sie sind genauso wichtig wie große Installationen.“ Dieses Thema stellt eine wesentliche Facette der jüngeren Kunstgeschichte dar, bei der sowohl Themen wie Strategien der Wahrnehmung und der Wirksamkeit sowie kunstinterner Bezugssysteme hinterfragt werden. Außerdem ist das Buch das bleibende, universelle und multifunktionale Objekt der Demokratisierung.

Wenn Typografie und grafische Gestaltung malerisch auf Leinwand übertragen werden, entfaltet ein handlicher Gebrauchsgegenstand wie ein Buch seine verblüffende Wirkung in der Vergrößerung auch als abstrakt organisierte Fläche aus Feldern und Buchstaben. Es ist erstaunlich, wie sich das „Bild“ eines Buchumschlages durch schlichte Vergrößerung verselbständigt. Aber das ist nicht alles, denn die Aura und physische Anwesenheit des ursprünglichen Buches transformiert Marcus Neufanger zusätzlich noch in die Körperhaftigkeit seiner Bilder, die, ob auf Leinwand oder Karton, durch die aufwendigen und komplexen Farbaufbau-Schichtungen  entsteht.

Es ist gut möglich, dass man beim Besuch der Ausstellung sein Lieblingsbuch und sogar sein Lieblingsbild findet.

Marcus Neufanger

Silent Hirst

June 8, 2019

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July 28, 2019

Die Einzelausstellung „Silent Hirst“ von Marcus Neufanger in der Van der Grinten Galerie zeigt eine umfangreiche Auswahl von überwiegend jüngsten großformatigen Zeichnungen aus der Serie „Portraits“.

Stringent führt Marcus Neufanger in dieser Serie ein formales und inhaltliches Konzept programmatisch durch: ein einziges Sujet – die Selbstdarstellung des Künstlers – mit einem grafischen Zusatzelement gebildet durch Schriftzeichen und Text, ein einziges, vertikales Format von 100 x 70 cm, eine immer gleich bleibende Technik – Pastell-Ölkreide auf Papier -, eine begrenzte Farbpalette und ein durchgehend hoher Grad an Stilisierung. So wächst stetig seit 2005 ein vollkommen homogenes Ensemble.

Abgeschlossen ist es nie.

Marcus Neufanger benutzt fotografische Bildvorlagen, die Künstler seiner/unserer Zeit zeigen. Dabei erscheinen Performancekünstler der 60er/70er Jahre oder unbestrittene Ikonen der zeitgenössischen Kunstgeschichte ebenso wie weniger bekannte Akteure oder Künstlerfreunde des Künstlers. Nicht erst seit der Zeit, in der durch die Fotografie die mediale Präsenz und das eigene Image immer wichtiger werden, ist die Selbstdarstellung ein kontrollierbares Vehikel für eine Aussage über eigene Identität, Haltung, Positionierung und Relevanz gegenüber der Öffentlichkeit. Aus guten Gründen sind Künstler immer besonders empfänglich für die Wirksamkeit solcher Bilder und wissen, sie sich zunutze zu machen. Denn bereits Albrecht Dürer zeigte uns wie die bewusste Selbstdarstellung des Künstlers bedeutungstragend, geschickt und kalkuliert eingesetzt werden kann. Dieses Thema stellt eine wesentliche Facette der Kunstgeschichte dar, bei der sowohl Themen wie Strategien der Wahrnehmung und der Wirksamkeit sowie kunstinterner Bezugssysteme hinterfragt werden.

Indem er sich in aller Freiheit existierende Selbstdarstellungen verstorbener, älterer oder jüngerer Künstlerkollegen aneignet, lässt Marcus Neufanger ein großes, geschlossenes Tableau aus Gesichtern, Körperhaltungen und Zitaten entstehen, und öffnet damit eine ganz besondere Lektüre der Kunstgeschichte: Hinter seinen scheinbar einfachen, leicht spielerisch anmutenden Bildern, geht es um eine Reflexion über eine tiefgreifende, sogar existentielle Frage, die von zentraler Bedeutung im Schaffen eines jeden Künstlers ist, nämlich die der Überwindung der Vergänglichkeit.

Marcus Neufanger ist 1964 in Nürnberg geboren. Er lebt und arbeitet in Schwäbisch Hall.

Werke von Marcus Neufanger sind in zahlreichen deutschen Sammlungen repräsentiert, wie u.a. Staatsgalerie Stuttgart, ZKM, Karlsruhe, dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe, Graphothek Stuttgart, Grafische Sammlung Esslingen, Hällisch Fränkisches Museum Schwäbisch Hall, Sammlung Würth, Künzelsau, Sammlung Bausparkasse, Schwäbisch Hall, Sammlung BW Bank, Stuttgart, und zahlreichen deutschen Privatsammlungen

Marcus Neufanger

Silent Hirst

June 8, 2019

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July 28, 2019

Die Einzelausstellung „Silent Hirst“ von Marcus Neufanger in der Van der Grinten Galerie zeigt eine umfangreiche Auswahl von überwiegend jüngsten großformatigen Zeichnungen aus der Serie „Portraits“.

Stringent führt Marcus Neufanger in dieser Serie ein formales und inhaltliches Konzept programmatisch durch: ein einziges Sujet – die Selbstdarstellung des Künstlers – mit einem grafischen Zusatzelement gebildet durch Schriftzeichen und Text, ein einziges, vertikales Format von 100 x 70 cm, eine immer gleich bleibende Technik – Pastell-Ölkreide auf Papier -, eine begrenzte Farbpalette und ein durchgehend hoher Grad an Stilisierung. So wächst stetig seit 2005 ein vollkommen homogenes Ensemble.

Abgeschlossen ist es nie.

Marcus Neufanger benutzt fotografische Bildvorlagen, die Künstler seiner/unserer Zeit zeigen. Dabei erscheinen Performancekünstler der 60er/70er Jahre oder unbestrittene Ikonen der zeitgenössischen Kunstgeschichte ebenso wie weniger bekannte Akteure oder Künstlerfreunde des Künstlers. Nicht erst seit der Zeit, in der durch die Fotografie die mediale Präsenz und das eigene Image immer wichtiger werden, ist die Selbstdarstellung ein kontrollierbares Vehikel für eine Aussage über eigene Identität, Haltung, Positionierung und Relevanz gegenüber der Öffentlichkeit. Aus guten Gründen sind Künstler immer besonders empfänglich für die Wirksamkeit solcher Bilder und wissen, sie sich zunutze zu machen. Denn bereits Albrecht Dürer zeigte uns wie die bewusste Selbstdarstellung des Künstlers bedeutungstragend, geschickt und kalkuliert eingesetzt werden kann. Dieses Thema stellt eine wesentliche Facette der Kunstgeschichte dar, bei der sowohl Themen wie Strategien der Wahrnehmung und der Wirksamkeit sowie kunstinterner Bezugssysteme hinterfragt werden.

Indem er sich in aller Freiheit existierende Selbstdarstellungen verstorbener, älterer oder jüngerer Künstlerkollegen aneignet, lässt Marcus Neufanger ein großes, geschlossenes Tableau aus Gesichtern, Körperhaltungen und Zitaten entstehen, und öffnet damit eine ganz besondere Lektüre der Kunstgeschichte: Hinter seinen scheinbar einfachen, leicht spielerisch anmutenden Bildern, geht es um eine Reflexion über eine tiefgreifende, sogar existentielle Frage, die von zentraler Bedeutung im Schaffen eines jeden Künstlers ist, nämlich die der Überwindung der Vergänglichkeit.

Marcus Neufanger ist 1964 in Nürnberg geboren. Er lebt und arbeitet in Schwäbisch Hall.

Werke von Marcus Neufanger sind in zahlreichen deutschen Sammlungen repräsentiert, wie u.a. Staatsgalerie Stuttgart, ZKM, Karlsruhe, dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe, Graphothek Stuttgart, Grafische Sammlung Esslingen, Hällisch Fränkisches Museum Schwäbisch Hall, Sammlung Würth, Künzelsau, Sammlung Bausparkasse, Schwäbisch Hall, Sammlung BW Bank, Stuttgart, und zahlreichen deutschen Privatsammlungen

Marcus Neufanger, Fernando de Brito

Portrait of an Artists

January 21, 2017

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February 25, 2017

Fernando de Brito (*1956 , lebt in Hamburg) und Marcus Neufanger (*1964, lebt in Schwäbisch Hall) setzen sich intensiv mit dem Möglichkeiten auseinander, Künstlerpersönlichkeiten zu portraitieren, das heißt, sich künstlerisch in ein Verhältnis zu deren Ausstrahlung, ihrer Bedeutung und dem Wesen ihres Werkes zu setzen. Dabei könnten die Ansätze beider Künstler unterschiedlicher nicht sein. Dieses Spannungsverhältnis untersucht die Ausstellung PORTRAIT OF AN ARTIST, die die van der Grinten Galerie im Januar zeigt und zu deren Eröffnung am Freitag, den 20.01. um 18h wir Sie herzlich einladen.

Fernando de Brito, der an der Hochschule der Bildenden Künste in Hamburg studierte und danach unter anderem 1982 Assistent von Kenneth Noland in New York war, widmet einen Bereich seiner vielseitigen künstlerischen Arbeit „seismografischen“ zum Teil großformatigen Kugelschreiberzeichnungen, die eine Innenwelt offenbaren, wo sich Künstler und Künstler begegnen. Es sind Bilder von hoher sensibler Verdichtung. Die zunächst parallel angelegten Linien scheinen den Moment ihres Ausschlages, ihres Pulses selbst bestimmt zu haben, so lebendig, vibrierend und doch einer inneren Ordnung folgend verlaufen sie über das Papier und bilden eine feine, gewebeartige Struktur, die den Bildraum öffnet oder vertieft. De Brito begegnet Samuel Beckett, Morton Feldman, Elias Canetti oder Eva Strittmatter, und jedes dieser Portraits ist wie ein Kosmos aus der Summe der Facetten der Persönlichkeit, die es darstellt. Neben diesen überwiegend neuen Arbeiten zeigen wir einige Künstlerbücher von Fernando de Brito.

Marcus Neufanger, Fernando de Brito

Portrait of an Artists

January 21, 2017

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February 25, 2017

Fernando de Brito (*1956 , lebt in Hamburg) und Marcus Neufanger (*1964, lebt in Schwäbisch Hall) setzen sich intensiv mit dem Möglichkeiten auseinander, Künstlerpersönlichkeiten zu portraitieren, das heißt, sich künstlerisch in ein Verhältnis zu deren Ausstrahlung, ihrer Bedeutung und dem Wesen ihres Werkes zu setzen. Dabei könnten die Ansätze beider Künstler unterschiedlicher nicht sein. Dieses Spannungsverhältnis untersucht die Ausstellung PORTRAIT OF AN ARTIST, die die van der Grinten Galerie im Januar zeigt und zu deren Eröffnung am Freitag, den 20.01. um 18h wir Sie herzlich einladen.

Fernando de Brito, der an der Hochschule der Bildenden Künste in Hamburg studierte und danach unter anderem 1982 Assistent von Kenneth Noland in New York war, widmet einen Bereich seiner vielseitigen künstlerischen Arbeit „seismografischen“ zum Teil großformatigen Kugelschreiberzeichnungen, die eine Innenwelt offenbaren, wo sich Künstler und Künstler begegnen. Es sind Bilder von hoher sensibler Verdichtung. Die zunächst parallel angelegten Linien scheinen den Moment ihres Ausschlages, ihres Pulses selbst bestimmt zu haben, so lebendig, vibrierend und doch einer inneren Ordnung folgend verlaufen sie über das Papier und bilden eine feine, gewebeartige Struktur, die den Bildraum öffnet oder vertieft. De Brito begegnet Samuel Beckett, Morton Feldman, Elias Canetti oder Eva Strittmatter, und jedes dieser Portraits ist wie ein Kosmos aus der Summe der Facetten der Persönlichkeit, die es darstellt. Neben diesen überwiegend neuen Arbeiten zeigen wir einige Künstlerbücher von Fernando de Brito.

Marcus Neufanger

Books, Portraits & Vanity Plates

September 6, 2014

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October 31, 2014
Bei seiner Beschäftigung mit dem Phänomen der Künstlerpersönlichkeit und seiner Rezeption schöpft Neufanger aus dem schier unbegrenzten Fundus seiner eigenen Bibliothek von Kunstbüchern. Ihnen bzw. fotografischem Material aus ihnen entlehnt er die Motive seiner Arbeit. Sein Feld ist die Gegenwartskunst und sein künstlerisches Motiv ist die Darstellung der Selbstdarstellung. Die Grundlage für seine Zeichnungen sind Portraitfotos von Künstlern, die im aktuellen Kunstbetrieb eine Rolle spielen. Dabei ist der Grad der Selbstinszenierung, die Art und Weise also, wie sich ein Künstler als Person über den Weg der Medien ein öffentliches Image verleiht, von Interesse. Die Zeichnungen wirken durch ihre Schlichtheit wie Umzeichnungen der entsprechenden Fotos, die Neufanger zusätzlich mit einer Originaläußerung des Künstlers ergänzt. Bild und Text gehen eine durchdachte Verbindung ein, wirken aber gleichzeitig völlig selbstverständlich.

In seinen „Book Covers“ und „Vanity Plates“ geht er in gewisser Weise noch einen Schritt weiter: Hier „reduziert“ er die Anwesenheit des Künstlers auf seine Erwähnung auf dem Titel eines Buches bzw. eines entsprechenden Ausstellungskataloges. Typografie und grafische Gestaltung überträgt Marcus Neufanger malerisch auf Leinwand, so dass ein handlicher Gebrauchsgegenstand wie ein Buch seine verblüffende Wirkung in der Vergrößerung als abstrakt organisierte Fläche aus Feldern und Buchstaben entfaltet. Es ist erstaunlich, wie sich ein „Bild“ wie ein Buchumschlag durch schlichte Vergrößerung verselbständigt. Völlige Autonomie erhalten die Bilder allerdings durch ihre gemalte Oberfläche, d.h. Duktus und Farbmaterial übertragen sie in „echte Malerei“. Die „Vanity Plates“, die in ihren Größen stark variieren, tragen schließlich nur noch den Namen des Künstlers. Üblicherweise markieren Epitaphe den Moment, wo der Künstler posthum in den Kanon der Kunstgeschichte aufgenommen wird. Bei Neufanger sind diese Art Gedenktafeln ohne Jahresdaten. Sie sind eigentlich ein Paradox, denn die meisten Künstler, die er auf diese Weise portraitiert, erfreuen sich bester Gesundheit. Es werden also auf ironische, aber eindringliche Art Gegenwart und Zukunft miteinander verbunden.

Die Liebe zum und Beschäftigung mit dem Buch von Künstlern liegt bei Marcus Neufanger auf einer Ebene, die Hans Ulrich Obrist in einem Interview mit Franz Erhard Walther treffend charakterisiert: „Bücher sind so wichtig, besonders, weil sie auch an die unwahrscheinlichsten Orte gelangen. Viel weiter als Ausstellungen. Mich interessieren Bücher auch als Medium, weil Künstler sie mit so viel Zeit, Hingabe und Energie machen- Sie sind genauso wichtig wie große Installationen.“

Marcus Neufanger wurde 1964 geboren und lebt in Schwäbisch Hall. Seine Arbeiten sind u.a. in namhaften Sammlungen wie ZKM, BW Bank Stuttgart, Staatsgalerie Stuttgart, Würth Künzelsau, Staatsgalerie Stuttgart, Kienzle Berlin & deutschen Privatsammlungen vertreten.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Verlag Stefan Schülke Fine Books, außerdem eine Collectors‘ Edition in einer Auflage von 25.

Pressetext, Van der Grinten Galerie, 2014

Marcus Neufanger

Books, Portraits & Vanity Plates

September 6, 2014

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October 31, 2014
Bei seiner Beschäftigung mit dem Phänomen der Künstlerpersönlichkeit und seiner Rezeption schöpft Neufanger aus dem schier unbegrenzten Fundus seiner eigenen Bibliothek von Kunstbüchern. Ihnen bzw. fotografischem Material aus ihnen entlehnt er die Motive seiner Arbeit. Sein Feld ist die Gegenwartskunst und sein künstlerisches Motiv ist die Darstellung der Selbstdarstellung. Die Grundlage für seine Zeichnungen sind Portraitfotos von Künstlern, die im aktuellen Kunstbetrieb eine Rolle spielen. Dabei ist der Grad der Selbstinszenierung, die Art und Weise also, wie sich ein Künstler als Person über den Weg der Medien ein öffentliches Image verleiht, von Interesse. Die Zeichnungen wirken durch ihre Schlichtheit wie Umzeichnungen der entsprechenden Fotos, die Neufanger zusätzlich mit einer Originaläußerung des Künstlers ergänzt. Bild und Text gehen eine durchdachte Verbindung ein, wirken aber gleichzeitig völlig selbstverständlich.

In seinen „Book Covers“ und „Vanity Plates“ geht er in gewisser Weise noch einen Schritt weiter: Hier „reduziert“ er die Anwesenheit des Künstlers auf seine Erwähnung auf dem Titel eines Buches bzw. eines entsprechenden Ausstellungskataloges. Typografie und grafische Gestaltung überträgt Marcus Neufanger malerisch auf Leinwand, so dass ein handlicher Gebrauchsgegenstand wie ein Buch seine verblüffende Wirkung in der Vergrößerung als abstrakt organisierte Fläche aus Feldern und Buchstaben entfaltet. Es ist erstaunlich, wie sich ein „Bild“ wie ein Buchumschlag durch schlichte Vergrößerung verselbständigt. Völlige Autonomie erhalten die Bilder allerdings durch ihre gemalte Oberfläche, d.h. Duktus und Farbmaterial übertragen sie in „echte Malerei“. Die „Vanity Plates“, die in ihren Größen stark variieren, tragen schließlich nur noch den Namen des Künstlers. Üblicherweise markieren Epitaphe den Moment, wo der Künstler posthum in den Kanon der Kunstgeschichte aufgenommen wird. Bei Neufanger sind diese Art Gedenktafeln ohne Jahresdaten. Sie sind eigentlich ein Paradox, denn die meisten Künstler, die er auf diese Weise portraitiert, erfreuen sich bester Gesundheit. Es werden also auf ironische, aber eindringliche Art Gegenwart und Zukunft miteinander verbunden.

Die Liebe zum und Beschäftigung mit dem Buch von Künstlern liegt bei Marcus Neufanger auf einer Ebene, die Hans Ulrich Obrist in einem Interview mit Franz Erhard Walther treffend charakterisiert: „Bücher sind so wichtig, besonders, weil sie auch an die unwahrscheinlichsten Orte gelangen. Viel weiter als Ausstellungen. Mich interessieren Bücher auch als Medium, weil Künstler sie mit so viel Zeit, Hingabe und Energie machen- Sie sind genauso wichtig wie große Installationen.“

Marcus Neufanger wurde 1964 geboren und lebt in Schwäbisch Hall. Seine Arbeiten sind u.a. in namhaften Sammlungen wie ZKM, BW Bank Stuttgart, Staatsgalerie Stuttgart, Würth Künzelsau, Staatsgalerie Stuttgart, Kienzle Berlin & deutschen Privatsammlungen vertreten.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Verlag Stefan Schülke Fine Books, außerdem eine Collectors‘ Edition in einer Auflage von 25.

Pressetext, Van der Grinten Galerie, 2014

Marcus Neufanger

Bloody similar – Draw a distinction!, George Spencer Brown

December 24, 2012

Die verdammte Ähnlichkeit eines Gemäldes (100 cm auf 70 cm) aus der ‚Titel-Serie’ von Marcus Neufanger mit dem Buchtitel von Jean Baudrillard’s Kultbuch ‚Kool Killer oder Der Aufstand der Zeichen’ (1978, Merve Verlag Berlin, 16 cm auf 12 cm) ist eine Falle, vor der Sie dieser Text warnen will. Ohne es zu merken riskieren Sie eine blutige Nase wenn Sie sich ausschließlich über Wiedererkennung und kunstgeschichtliche Bezüge der Malerei und Zeichnung von Marcus Neufanger annähern. Wenn ich von blutigen Nasen spreche meine ich, das Auflaufen, die Kollision von Körpern in einer räumlichen Vermessenheit. Dieses existenzielle Auflaufen konstelliert eine Nähe, wie sie in Paul Mc Carthy’s Tokyo Santa Performance am 23. Nov. 1996 in der Tomio Koyama Gallery deutlich wird. Ideal und Idol ‚Santa Claus’ scheitert an der körperlichen Realität, den An- und Widersprüchen und den begrenzten Bedingtheiten der Existenz. Ist es wirklich eine blutige Nase, die wir auf der Zeichnung Neufangers erkennen? Er verdichtet den ‚complex shit’ Mc Carthy’s in dem Portrait, mit zeichnerischen Mitteln, zur grundsätzlichen Fragestellung, die er losgelöst vom Ausgangspunkt auf eine andere Ebene transferiert. Hier formuliert sich Bildwirklichkeit und Wirkstoff. Eine Haltung, die unmittelbar aus dem zeichnerischen Vorgang in das zeichnerische Resultat und auf die Betrachter übergeht. “Das Reale wird durch Zeichen des Realen ersetzt.” sagt Baudrillard und es liegt Nahe von einer zweiten Ebene der Realität, die der Zeichen, der Zeichnung zu sprechen. Die Realität der Zeichnung, der Malerei im künstlerischen Verständnis birgt sprachlose Geheimnisse. Die Unterscheidung zu treffen auf welcher Ebene eine Verbindlichkeit der Betrachter zu den Bildern Neufangers entsteht könnte, erhellt die Vorstellung, dass die Ähnlichkeit, das größtmögliche Potenzial der Differenz birgt. Das Andere ist in der Tat etwas anderes, während das Ähnliche den feinsten Unterschied ermöglicht. Diese zweite Ebene der Differenz beschreibt Heinz von Foerster: “Die Begriffe erster Ordnung basieren auf einer scheinbar objektiven Betrachtung der Welt, die zu einem Äußeren wird. Die Begriffe zweiter Ordnung lassen sich auf sich selbst anwenden; sie gestatten die strikte Trennung von Subjekt und Objekt, dem Beobachter und Beobachteten nicht mehr. Man gesteht sich ein, dass jemand, der über Fragen des Bewußtseins oder des Erkennens spricht, ein Bewußtsein und einen Erkennenden benötigt, um dies zu tun.“ Diese tiefere Erkenntnisebene spricht aus dem Werk von Marcus Neufanger. Sie befreit ihn von der Augenscheinlichkeit der Bezüge und der Konstellationen.

„Es malt, es regnet, es schneit sind Geheimniszustände. Wer malt ist damit beschäftigt, die Welt von individuellen Sichtweisen zu reinigen, von seinen und denen der Anderen.“ Marcus Neufanger

Eine Unterscheidung zu treffen, in der Ähnlichkeit das Andere zu erkennen, sich im Entfernen annähern, wie es die Eisenstein’sche Otkas Bewegung, eine Abwendung im Sinne der radikalen Annäherung vorschlägt, verlangt das Werk von Marcus Neufanger. Damit Sie sich kein zweites Mal eine blutige Nase holen, könnte eine Re-entry Übung nach Spencer Brown (Wiedereintreten in ein Differenzfeld) aus der Bildsprache der Kybernetiker, diesen Text außerhalb seiner Spationierung nützlich machen:

Stellen Sie sich in den Regen oder nicht (Differenz).
Wenn Sie im Regen stehen (eine Seite der Differenz), haben Sie einen Regenschirm (Tool, skill) oder nicht.
Wenn Sie mit einem Regenschirm im Regen stehen, stehen Sie nicht im Regen (Re-entry: im Regen stehen oder nicht) Mit dem Schirm bringen Sie die Differenz nochmals unabhängig vom Wetter ins Spiel. Haben Sie einen Schirm dabei?  Sie stehen im Regen und Sie stehen nicht im Regen, obwohl Sie im Regen stehen.

Zeichnung und Malerei von Marcus Neufanger lassen Sie, wenn Sie wirklich hinausgehen nicht im Regen stehen auch wenn es regnet und Sie ihren Schirm vergessen haben. Eine Kunst der ich mich bedingungslos aussetzte.

Georg Winter
Stuttgart, 24. Dezember 2012

Marcus Neufanger

Bloody similar – Draw a distinction!, George Spencer Brown

December 24, 2012

Die verdammte Ähnlichkeit eines Gemäldes (100 cm auf 70 cm) aus der ‚Titel-Serie’ von Marcus Neufanger mit dem Buchtitel von Jean Baudrillard’s Kultbuch ‚Kool Killer oder Der Aufstand der Zeichen’ (1978, Merve Verlag Berlin, 16 cm auf 12 cm) ist eine Falle, vor der Sie dieser Text warnen will. Ohne es zu merken riskieren Sie eine blutige Nase wenn Sie sich ausschließlich über Wiedererkennung und kunstgeschichtliche Bezüge der Malerei und Zeichnung von Marcus Neufanger annähern. Wenn ich von blutigen Nasen spreche meine ich, das Auflaufen, die Kollision von Körpern in einer räumlichen Vermessenheit. Dieses existenzielle Auflaufen konstelliert eine Nähe, wie sie in Paul Mc Carthy’s Tokyo Santa Performance am 23. Nov. 1996 in der Tomio Koyama Gallery deutlich wird. Ideal und Idol ‚Santa Claus’ scheitert an der körperlichen Realität, den An- und Widersprüchen und den begrenzten Bedingtheiten der Existenz. Ist es wirklich eine blutige Nase, die wir auf der Zeichnung Neufangers erkennen? Er verdichtet den ‚complex shit’ Mc Carthy’s in dem Portrait, mit zeichnerischen Mitteln, zur grundsätzlichen Fragestellung, die er losgelöst vom Ausgangspunkt auf eine andere Ebene transferiert. Hier formuliert sich Bildwirklichkeit und Wirkstoff. Eine Haltung, die unmittelbar aus dem zeichnerischen Vorgang in das zeichnerische Resultat und auf die Betrachter übergeht. “Das Reale wird durch Zeichen des Realen ersetzt.” sagt Baudrillard und es liegt Nahe von einer zweiten Ebene der Realität, die der Zeichen, der Zeichnung zu sprechen. Die Realität der Zeichnung, der Malerei im künstlerischen Verständnis birgt sprachlose Geheimnisse. Die Unterscheidung zu treffen auf welcher Ebene eine Verbindlichkeit der Betrachter zu den Bildern Neufangers entsteht könnte, erhellt die Vorstellung, dass die Ähnlichkeit, das größtmögliche Potenzial der Differenz birgt. Das Andere ist in der Tat etwas anderes, während das Ähnliche den feinsten Unterschied ermöglicht. Diese zweite Ebene der Differenz beschreibt Heinz von Foerster: “Die Begriffe erster Ordnung basieren auf einer scheinbar objektiven Betrachtung der Welt, die zu einem Äußeren wird. Die Begriffe zweiter Ordnung lassen sich auf sich selbst anwenden; sie gestatten die strikte Trennung von Subjekt und Objekt, dem Beobachter und Beobachteten nicht mehr. Man gesteht sich ein, dass jemand, der über Fragen des Bewußtseins oder des Erkennens spricht, ein Bewußtsein und einen Erkennenden benötigt, um dies zu tun.“ Diese tiefere Erkenntnisebene spricht aus dem Werk von Marcus Neufanger. Sie befreit ihn von der Augenscheinlichkeit der Bezüge und der Konstellationen.

„Es malt, es regnet, es schneit sind Geheimniszustände. Wer malt ist damit beschäftigt, die Welt von individuellen Sichtweisen zu reinigen, von seinen und denen der Anderen.“ Marcus Neufanger

Eine Unterscheidung zu treffen, in der Ähnlichkeit das Andere zu erkennen, sich im Entfernen annähern, wie es die Eisenstein’sche Otkas Bewegung, eine Abwendung im Sinne der radikalen Annäherung vorschlägt, verlangt das Werk von Marcus Neufanger. Damit Sie sich kein zweites Mal eine blutige Nase holen, könnte eine Re-entry Übung nach Spencer Brown (Wiedereintreten in ein Differenzfeld) aus der Bildsprache der Kybernetiker, diesen Text außerhalb seiner Spationierung nützlich machen:

Stellen Sie sich in den Regen oder nicht (Differenz).
Wenn Sie im Regen stehen (eine Seite der Differenz), haben Sie einen Regenschirm (Tool, skill) oder nicht.
Wenn Sie mit einem Regenschirm im Regen stehen, stehen Sie nicht im Regen (Re-entry: im Regen stehen oder nicht) Mit dem Schirm bringen Sie die Differenz nochmals unabhängig vom Wetter ins Spiel. Haben Sie einen Schirm dabei?  Sie stehen im Regen und Sie stehen nicht im Regen, obwohl Sie im Regen stehen.

Zeichnung und Malerei von Marcus Neufanger lassen Sie, wenn Sie wirklich hinausgehen nicht im Regen stehen auch wenn es regnet und Sie ihren Schirm vergessen haben. Eine Kunst der ich mich bedingungslos aussetzte.

Georg Winter
Stuttgart, 24. Dezember 2012

Marcus Neufanger

Artist Statement

February 1, 2010

Vor dem Hintergrund der ganzen Leserei und der Frage weitermalen – aber wie? – entstanden Anfang der 90er Jahre die ersten Bilder von Buchumschlägen. Dinge an die man glauben konnte wurden problematisch, fragwürdig, hybrid. Ich schob Bücher aus der eigenen Kiste über den Tisch, erst um zu imponieren, dann um zu beweisen. Die Welt mündete im Buch und die Bücher sagten: Wir sind Bücher, mal uns – jetzt! Ich bedachte, dass noch nicht alles gemalt worden war und befreite mich in einzelgängerischer Konsequenz von der coolen Schmalspurkost auf die auch ich von Marcel Duchamp gesetzt worden war. Ich machte die Dinge meiner Leidenschaft zu Objekten der Kunst. Ich erkannte, eine Sache braucht gar nicht zu stimmen, wenn nur ein Geist sie bestimmt. Die Malerei machte sichtbar, lesbar, aussprechbar, ausstellbar.  Es malt, es regnet, es schneit, sind Geheimniszustände. Wer malt, ist damit beschäftigt, die Welt von individuellen Sichtweisen zu reinigen, von seinen und denen der anderen. Wer für ein Werk verantwortlich sein will, das nach beendeter Lektüre an die Grenzen der Lesbarkeit gelangt ist, muss alle sich daraus ergebenden Konsequenzen tragen.

Marcus Neufanger, Februar 2010

Marcus Neufanger

Artist Statement

February 1, 2010

Vor dem Hintergrund der ganzen Leserei und der Frage weitermalen – aber wie? – entstanden Anfang der 90er Jahre die ersten Bilder von Buchumschlägen. Dinge an die man glauben konnte wurden problematisch, fragwürdig, hybrid. Ich schob Bücher aus der eigenen Kiste über den Tisch, erst um zu imponieren, dann um zu beweisen. Die Welt mündete im Buch und die Bücher sagten: Wir sind Bücher, mal uns – jetzt! Ich bedachte, dass noch nicht alles gemalt worden war und befreite mich in einzelgängerischer Konsequenz von der coolen Schmalspurkost auf die auch ich von Marcel Duchamp gesetzt worden war. Ich machte die Dinge meiner Leidenschaft zu Objekten der Kunst. Ich erkannte, eine Sache braucht gar nicht zu stimmen, wenn nur ein Geist sie bestimmt. Die Malerei machte sichtbar, lesbar, aussprechbar, ausstellbar.  Es malt, es regnet, es schneit, sind Geheimniszustände. Wer malt, ist damit beschäftigt, die Welt von individuellen Sichtweisen zu reinigen, von seinen und denen der anderen. Wer für ein Werk verantwortlich sein will, das nach beendeter Lektüre an die Grenzen der Lesbarkeit gelangt ist, muss alle sich daraus ergebenden Konsequenzen tragen.

Marcus Neufanger, Februar 2010

Marcus Neufanger

Aufforderung des Connaisseurs

Man meint, man müsste sie kennen. Und manchen erkennt man auch, andere wiederum nicht, je nach Wissensstand. Der starken Präsenz der Porträts von Marcus Neufanger kann man sich jedoch so oder so nicht entziehen. Zu fesselnd die Gesichter und Staturen, die hier Aufmerksamkeit heischen. Fragt man sich, woher diese Wirkung kommt, so führt dies unwillkürlich zu den Persönlichkeiten selbst. Marcus Neufanger zeigt Künstler, zu einem Gutteil charismatische Selbstdarsteller, die nicht selten performativ, mit bewusster Publikumsansprache arbeiteten oder arbeiten. Nicht von ungefähr scheint von daher ein hoher Anteil an Künstlern im  Happening und Fluxus der 1960/70er-Jahre verortet:  Emilio Prini, Nam June Paik, Ben Vautier, André Cadere, HA Schult, Jean Guillaume Ferrée, Walter Pichler, Wolf Vostell sowie nicht zuletzt Joseph Beuys, der mit Filzhut und blutig geschlagener Nase, die er sich bei seiner legendären Aktion „Kukei, akopee – Nein! …“ am 20. Juli 1964 im Auditorium Maximum der Technischen Hochschule Aachen während eines Fluxus-Festivalsholte, ikonengleich vor uns schwebt.

Wer mehr erfahren will über die Porträtierten wendet sich unweigerlich den Texten zu. Denn Marcus Neufangers Zeichnungen sind Text-Bild-Arbeiten, das heißt jedem Bildnis ist ein handgeschriebener Text in Blockschrift beigestellt. Wobei beigestellt nicht ganz richtig ist. Bild und Schrift als grafisches Element ergeben vielmehr eine verwobene Einheit, die immer anders ausfällt, anders gewichtet ist. Was der Betrachter in den Texten findet, variiert und ist damit ebenso individualisiert wie die Persönlichkeiten jede für sich ihre eigene Botschaft, ihr persönliches Statement zu transportieren scheint. Neben Sachinformationen wie Lebensdaten oder Kommentaren sind es vor allem Künstlerzitate, die den Dargestellten eine Stimme verleihen und die dargebotene Szene – denn die Porträts vereint allesamt ein aktionistischer Impuls – untermalen. Als Erläuterungen lesbar implizieren sie durch ihre Platzierung eine direkte Verbindung zwischen Text und Bild. Dient ihre Aussage meist affirmativ dem Bild, so ist dies nicht in allen Fällen so. Oder nicht sofort ersichtlich, wenn humorvoll falsche Fährten gelegt werden. Beispiel Nam June Paik, dessen ausschnitthaftes Porträt aus seiner Musik-Performance „Random Access Music“ stammt, in der der Besucher den Tonkopf mithilfe einer Penis-Attrappe bedienen konnte. Gerade dann aber wirken sie als produktive Irritation auf den Betrachter, der sich seiner eigenen Position umso bewusster wird in Anbetracht der Herausforderung zum Weiterdenken über das Bild hinaus. Marcus Neufanger kontrastiert hierin die spontane, eindringliche Wirkung der Bildnisse und stellt eine Form der Distanz her, die gleichermaßen für ihn als Produzenten gelten mag, der sich des Effekts seiner Bildnisse zweifelsohne bewusst ist, anhand der ausgewählten Kommentare jedoch eindeutig zur Reflexion einlädt.

Eine Distanz verbirgt sich im Übrigen auch in den Porträts, deren doppelter Boden darin besteht, dass ihr Vorbild ein bereits existentes Künstler(selbst)porträt ist, auf das Marcus Neufanger zurückgreift. Seiner Inszenierung liegt somit die Inszenierung des Porträts zugrunde, der wiederum das In-Szene-Setzen des Künstlers selbst zugrunde liegt. Die Kunst lebt von der Inszenierung, wäre ein schneller Schluss. Sie lebt von Haltung und Aussage wäre ein weiterer, der tiefer greift, und vielleicht eher trifft, worum es geht. Denn es geht ebenso um Bekenntnis wie um kritische Auseinandersetzung. Sicher lassen sich viele der Künstlerbildnisse als Hommagen deuten, aber nicht alle. So ist kaum anzunehmen, dass die Antwort Daniel Richters im Interview über „gute Ausstellungen“ zusammen genommen mit der dargestellten, durchaus sehr menschlichen Geste – die in diesem Fall ganz sicher ein Fremdporträt ist – nicht ironisch gemeint ist.

Doch auch wenn in den Bildern der „moderne homo soziologicus, ein Akteur, ein Schauspieler, gezwungen, in eine Vielzahl von Rollen zu schlüpfen“ (Klaus Honnef) anzutreten scheint, so zwingt Marcus Neufanger seine beredten Protagonisten in einen Moment des Innehaltens. Es ist die Zeichnung selbst, die diese Wirkung herstellt. Ihre Haptik ist dicht, die Farbflächen opak und klar gesetzt innerhalb eines bewusst reduzierten Spektrums. Sie drückt ebenso wie die Schrift einen so hohen Grad an Konzentration aus, das trotz der performativen Motive nichts flüchtig erscheint. Hinzu kommt die Stilisierung, die allzu Persönliches oder Zeitliches glättet und einen überzeitlichen Effekt schafft. Diese Kontrastierung des Motivs gegenüber seiner Darstellung trägt entscheidend zu dem gänzlich eigenen Charakter der Arbeit von Marcus Neufanger bei, der mittels seines intellektuellen wie sinnlichen Zeichensystems aus Bild und Text die Kunst auf einen Augenblick anhält und einen Raum für Denkprozesse schafft.

Sonja Klee

Marcus Neufanger

Aufforderung des Connaisseurs

Man meint, man müsste sie kennen. Und manchen erkennt man auch, andere wiederum nicht, je nach Wissensstand. Der starken Präsenz der Porträts von Marcus Neufanger kann man sich jedoch so oder so nicht entziehen. Zu fesselnd die Gesichter und Staturen, die hier Aufmerksamkeit heischen. Fragt man sich, woher diese Wirkung kommt, so führt dies unwillkürlich zu den Persönlichkeiten selbst. Marcus Neufanger zeigt Künstler, zu einem Gutteil charismatische Selbstdarsteller, die nicht selten performativ, mit bewusster Publikumsansprache arbeiteten oder arbeiten. Nicht von ungefähr scheint von daher ein hoher Anteil an Künstlern im  Happening und Fluxus der 1960/70er-Jahre verortet:  Emilio Prini, Nam June Paik, Ben Vautier, André Cadere, HA Schult, Jean Guillaume Ferrée, Walter Pichler, Wolf Vostell sowie nicht zuletzt Joseph Beuys, der mit Filzhut und blutig geschlagener Nase, die er sich bei seiner legendären Aktion „Kukei, akopee – Nein! …“ am 20. Juli 1964 im Auditorium Maximum der Technischen Hochschule Aachen während eines Fluxus-Festivalsholte, ikonengleich vor uns schwebt.

Wer mehr erfahren will über die Porträtierten wendet sich unweigerlich den Texten zu. Denn Marcus Neufangers Zeichnungen sind Text-Bild-Arbeiten, das heißt jedem Bildnis ist ein handgeschriebener Text in Blockschrift beigestellt. Wobei beigestellt nicht ganz richtig ist. Bild und Schrift als grafisches Element ergeben vielmehr eine verwobene Einheit, die immer anders ausfällt, anders gewichtet ist. Was der Betrachter in den Texten findet, variiert und ist damit ebenso individualisiert wie die Persönlichkeiten jede für sich ihre eigene Botschaft, ihr persönliches Statement zu transportieren scheint. Neben Sachinformationen wie Lebensdaten oder Kommentaren sind es vor allem Künstlerzitate, die den Dargestellten eine Stimme verleihen und die dargebotene Szene – denn die Porträts vereint allesamt ein aktionistischer Impuls – untermalen. Als Erläuterungen lesbar implizieren sie durch ihre Platzierung eine direkte Verbindung zwischen Text und Bild. Dient ihre Aussage meist affirmativ dem Bild, so ist dies nicht in allen Fällen so. Oder nicht sofort ersichtlich, wenn humorvoll falsche Fährten gelegt werden. Beispiel Nam June Paik, dessen ausschnitthaftes Porträt aus seiner Musik-Performance „Random Access Music“ stammt, in der der Besucher den Tonkopf mithilfe einer Penis-Attrappe bedienen konnte. Gerade dann aber wirken sie als produktive Irritation auf den Betrachter, der sich seiner eigenen Position umso bewusster wird in Anbetracht der Herausforderung zum Weiterdenken über das Bild hinaus. Marcus Neufanger kontrastiert hierin die spontane, eindringliche Wirkung der Bildnisse und stellt eine Form der Distanz her, die gleichermaßen für ihn als Produzenten gelten mag, der sich des Effekts seiner Bildnisse zweifelsohne bewusst ist, anhand der ausgewählten Kommentare jedoch eindeutig zur Reflexion einlädt.

Eine Distanz verbirgt sich im Übrigen auch in den Porträts, deren doppelter Boden darin besteht, dass ihr Vorbild ein bereits existentes Künstler(selbst)porträt ist, auf das Marcus Neufanger zurückgreift. Seiner Inszenierung liegt somit die Inszenierung des Porträts zugrunde, der wiederum das In-Szene-Setzen des Künstlers selbst zugrunde liegt. Die Kunst lebt von der Inszenierung, wäre ein schneller Schluss. Sie lebt von Haltung und Aussage wäre ein weiterer, der tiefer greift, und vielleicht eher trifft, worum es geht. Denn es geht ebenso um Bekenntnis wie um kritische Auseinandersetzung. Sicher lassen sich viele der Künstlerbildnisse als Hommagen deuten, aber nicht alle. So ist kaum anzunehmen, dass die Antwort Daniel Richters im Interview über „gute Ausstellungen“ zusammen genommen mit der dargestellten, durchaus sehr menschlichen Geste – die in diesem Fall ganz sicher ein Fremdporträt ist – nicht ironisch gemeint ist.

Doch auch wenn in den Bildern der „moderne homo soziologicus, ein Akteur, ein Schauspieler, gezwungen, in eine Vielzahl von Rollen zu schlüpfen“ (Klaus Honnef) anzutreten scheint, so zwingt Marcus Neufanger seine beredten Protagonisten in einen Moment des Innehaltens. Es ist die Zeichnung selbst, die diese Wirkung herstellt. Ihre Haptik ist dicht, die Farbflächen opak und klar gesetzt innerhalb eines bewusst reduzierten Spektrums. Sie drückt ebenso wie die Schrift einen so hohen Grad an Konzentration aus, das trotz der performativen Motive nichts flüchtig erscheint. Hinzu kommt die Stilisierung, die allzu Persönliches oder Zeitliches glättet und einen überzeitlichen Effekt schafft. Diese Kontrastierung des Motivs gegenüber seiner Darstellung trägt entscheidend zu dem gänzlich eigenen Charakter der Arbeit von Marcus Neufanger bei, der mittels seines intellektuellen wie sinnlichen Zeichensystems aus Bild und Text die Kunst auf einen Augenblick anhält und einen Raum für Denkprozesse schafft.

Sonja Klee

Mercedes-Benz Art Collection, Stuttgart / DE
ZKM – Zentrum für Kunst- und Medientechnologie, Karlsruhe / DE
Badisches Landesmuseum Karlsruhe / DE
Graphothek Stuttgart / DE
Grafische Sammlung Esslingen / DE
Hällisch Fränkisches Museum Schwäbisch Hall / DE
Sammlung Würth, Künzelsau / DE
Sammlung Bausparkasse, Schwäbisch Hall / DE
Sammlung BW Bank, Stuttgart / DE
Sammlung Kienzle, Berlin / DE
Sammlung Widauer, Innsbruck / AT