Made for Cologne
17. April 2021

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5. Juni 2021

Die aktuelle Ausstellung „Made for Cologne“, die Marcus Neufanger als Gesamt-Installation für die Galerieräume konzipiert hat, zeigt sämtliche neuen, 2020 und 2021 entstandenen malerischen Arbeiten aus dem Werkblock der „Books“. Die „Books“ sind zusammen mit den „Portraits“ und den „Vanity Plates“ die drei stetig wachsenden Werkblöcke im Oeuvre von Marcus Neufanger, mit denen er seit den 90er Jahren den Schleifpunkt zwischen „erweitertem“ Kunstbegriff und seinem Gegenteil als Kontinuum verarbeitet.

Auch wenn der Begriff Joseph Beuys zugeschrieben ist, hat ihn ja eigentlich Marcel Duchamp geprägt und vollzogen, als er ab 1913/14 begann, durch Ready-Made, Drucksachen, Fake, Theorie, Unterwanderung & Besetzen den Alleinanspruch des klassischen Instrumentariums künstlerischer Ausdrucksmittel außer Kraft zu setzen: Darstellung und Idee werden gleichrangig behandelt. In dieser Konsequenz stehen dann die Vertreter der Konzept-Kunst der 60er Jahre, besonders Lawrence Weiner und On Kawara, als Zeitgenossen von Beuys, der diesen Wendepunkt nun mit der Sozialen Plastik endgültig markiert.

Marcus Neufangers (wahrscheinlich auch biografisch begründete) Entscheidung, wie er sich im Feld des radikalen Umgangs mit der bildenden Kunst positionieren könne, brachte ihn zu Selbstbeschränkung, Askese und Konzentration und auf diese Weise dazu, sich selbst zum stetigen Benutzer und Bewohner seiner eigenen Bibliothek zu machen, deren Quelle durch permanente Befragung und Reflexion nicht zu versiegen scheint.

Die Liebe zu und die Beschäftigung mit den Büchern von Künstlern liegt bei Marcus Neufanger auf einer Ebene, die Hans Ulrich Obrist in einem Interview mit Franz Erhard Walther treffend charakterisiert: „Bücher sind so wichtig, besonders, weil sie auch an die unwahrscheinlichsten Orte gelangen. Viel weiter als Ausstellungen. Mich interessieren Bücher auch als Medium, weil Künstler sie mit so viel Zeit, Hingabe und Energie machen- Sie sind genauso wichtig wie große Installationen.“ Dieses Thema stellt eine wesentliche Facette der jüngeren Kunstgeschichte dar, bei der sowohl Themen wie Strategien der Wahrnehmung und der Wirksamkeit sowie kunstinterner Bezugssysteme hinterfragt werden. Außerdem ist das Buch das bleibende, universelle und multifunktionale Objekt der Demokratisierung.

Wenn Typografie und grafische Gestaltung malerisch auf Leinwand übertragen werden, entfaltet ein handlicher Gebrauchsgegenstand wie ein Buch seine verblüffende Wirkung in der Vergrößerung auch als abstrakt organisierte Fläche aus Feldern und Buchstaben. Es ist erstaunlich, wie sich das „Bild“ eines Buchumschlages durch schlichte Vergrößerung verselbständigt. Aber das ist nicht alles, denn die Aura und physische Anwesenheit des ursprünglichen Buches transformiert Marcus Neufanger zusätzlich noch in die Körperhaftigkeit seiner Bilder, die, ob auf Leinwand oder Karton, durch die aufwendigen und komplexen Farbaufbau-Schichtungen  entsteht.

Es ist gut möglich, dass man beim Besuch der Ausstellung sein Lieblingsbuch und sogar sein Lieblingsbild findet.