Material Tension
2. September 2022

 — 

29. Oktober 2022

Die aktuelle Ausstellung „Material Tension“ vereint neue Arbeiten, die 2021 und 2022 entstanden sind und die Robert Currie (*1976, London) im Hinblick auf die spezifischen Herausforderungen der Galerieräume in einer starken Kontrasthaftigkeit zwischen geometrisch-abstrakt und fotorealistisch-gegenständlich ausgewählt hat.

Eine Quelle seiner Arbeit sind die zum Teil gegenläufigen Vorstellungen aus der Chaosforschung, die aber immer der Grundidee folgen, dass Ordnung aus Unordnung entsteht, und Theorien zur Komplexität, wo sich stets und immer ausreichend Ordnung ereignet und in Erscheinung treten wird.

Die Materialien (früher häufig Video-und Audioband, heute überwiegend Nylonfäden unterschiedlicher Einfärbungen), mit denen Currie arbeitet, eignen sich besonders gut für die Grundlagen komplexer Strukturen aus Verdichtung und Reihung, die vor allem seinen geometrischen Arbeiten zu Grunde liegen. Diese wirken in ihrer Strenge, als seien große dynamisch-chaotische Strukturen in einem Moment völliger Ordnung zum Stillstand gekommen. Sie strahlen eine große kontemplative Kraft aus. Diese neuen schwarz-weißen oder zweifarbigen Wandarbeiten zeigt der Künstler im mittleren Kabinett-Raum der Galerie.

Den Übergang zu den dreidimensionalen, gegenständlichen Wandarbeiten in den weißen Flügelräumen bildet das frei im Raum schwebende „Guggenheim-Piece“, bei dem die unzähligen mit schwarzem Acryl auf die regelmäßig und dicht gespannten durchsichtigen Nylonfäden aufgetragenen Punkte in einer bestimmten Blickachse das fast fotografisch wirkende Bild des Inneren des New Yorker Guggenheim wiedergeben.

Fotografien sind auch das Ausgangsmaterial der neuen dreidimensionalen Wandarbeiten, die dem gleichen Prinzip wie beim „Guggenheim-Piece“ folgen, aber bildhaft in Plexiglaskästen gefasst sind. Die neuen Motive zeigen Orte, an denen Behausungen und Gebäude in Landschaften stehen, Umgebungen, die einst sinnvoll und brauchbar gewesen sind, nach einer Weile jedoch möglicherweise verlassen. Zumindest ohne Anzeichen der Anwesenheit von Menschen. Insofern fühlt man sich an Edward Hopper und Ed Ruscha erinnert.

Die beiden neuen Kästen mit Waldmotiven sind schwarz-weiß, die Landschaften und Gebäude-situationen (wie eine Nachtaufnahme einer amerikanischen Tankstelle) farbig mit Acryl auf die durchsichtigen Nylonfarben gemalt, zusätzlich vor extrem suggestiv gemalten Bildhintergründen auf den Rückwänden.

In den dreidimensionalen Bildern von Currie fließen Dynamik, Rhythmus, Bewegung, Licht und Raum zusammen. Damit erkundet der Künstler auch Möglichkeiten, die Betrachtenden physisch in das visuelle Begreifen der Bilder miteinzubeziehen. Sie müssen einen eindeutigen Standpunkt zum Erfassen des vollständigen Bildes einnehmen. Man wird Teil einer Choreographie und Dynamik, die die zum Stillstand gekommenen Partikel des Bildes permanent flüchtig machen. Auch hier drängt sich das Interesse Robert Curries auf, dass Körper unterschiedlicher Dichte in einem erstarrten, entzerrten oder gestauchten Strudel eine eigene atemberaubende Ordnung offenbaren.

Robert Currie studierte an der Manchester Metropolitan University und am Royal College of Art in London. Seine Arbeiten befinden sich in zahlreichen Sammlungen im In- und Ausland (Lady De Rothschild, Gottfried Schulz AG, Beth Rudin DeWoody, Defauwes, Simmons & Simmons) und im öffentlichen Raum in Frankfurt, London und Brüssel.

Werke & Installationsansichten