Books, Portraits & Vanity Plates
6. September 2014

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31. Oktober 2014
Bei seiner Beschäftigung mit dem Phänomen der Künstlerpersönlichkeit und seiner Rezeption schöpft Neufanger aus dem schier unbegrenzten Fundus seiner eigenen Bibliothek von Kunstbüchern. Ihnen bzw. fotografischem Material aus ihnen entlehnt er die Motive seiner Arbeit. Sein Feld ist die Gegenwartskunst und sein künstlerisches Motiv ist die Darstellung der Selbstdarstellung. Die Grundlage für seine Zeichnungen sind Portraitfotos von Künstlern, die im aktuellen Kunstbetrieb eine Rolle spielen. Dabei ist der Grad der Selbstinszenierung, die Art und Weise also, wie sich ein Künstler als Person über den Weg der Medien ein öffentliches Image verleiht, von Interesse. Die Zeichnungen wirken durch ihre Schlichtheit wie Umzeichnungen der entsprechenden Fotos, die Neufanger zusätzlich mit einer Originaläußerung des Künstlers ergänzt. Bild und Text gehen eine durchdachte Verbindung ein, wirken aber gleichzeitig völlig selbstverständlich.

In seinen „Book Covers“ und „Vanity Plates“ geht er in gewisser Weise noch einen Schritt weiter: Hier „reduziert“ er die Anwesenheit des Künstlers auf seine Erwähnung auf dem Titel eines Buches bzw. eines entsprechenden Ausstellungskataloges. Typografie und grafische Gestaltung überträgt Marcus Neufanger malerisch auf Leinwand, so dass ein handlicher Gebrauchsgegenstand wie ein Buch seine verblüffende Wirkung in der Vergrößerung als abstrakt organisierte Fläche aus Feldern und Buchstaben entfaltet. Es ist erstaunlich, wie sich ein „Bild“ wie ein Buchumschlag durch schlichte Vergrößerung verselbständigt. Völlige Autonomie erhalten die Bilder allerdings durch ihre gemalte Oberfläche, d.h. Duktus und Farbmaterial übertragen sie in „echte Malerei“. Die „Vanity Plates“, die in ihren Größen stark variieren, tragen schließlich nur noch den Namen des Künstlers. Üblicherweise markieren Epitaphe den Moment, wo der Künstler posthum in den Kanon der Kunstgeschichte aufgenommen wird. Bei Neufanger sind diese Art Gedenktafeln ohne Jahresdaten. Sie sind eigentlich ein Paradox, denn die meisten Künstler, die er auf diese Weise portraitiert, erfreuen sich bester Gesundheit. Es werden also auf ironische, aber eindringliche Art Gegenwart und Zukunft miteinander verbunden.

Die Liebe zum und Beschäftigung mit dem Buch von Künstlern liegt bei Marcus Neufanger auf einer Ebene, die Hans Ulrich Obrist in einem Interview mit Franz Erhard Walther treffend charakterisiert: „Bücher sind so wichtig, besonders, weil sie auch an die unwahrscheinlichsten Orte gelangen. Viel weiter als Ausstellungen. Mich interessieren Bücher auch als Medium, weil Künstler sie mit so viel Zeit, Hingabe und Energie machen- Sie sind genauso wichtig wie große Installationen.“

Marcus Neufanger wurde 1964 geboren und lebt in Schwäbisch Hall. Seine Arbeiten sind u.a. in namhaften Sammlungen wie ZKM, BW Bank Stuttgart, Staatsgalerie Stuttgart, Würth Künzelsau, Staatsgalerie Stuttgart, Kienzle Berlin & deutschen Privatsammlungen vertreten.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Verlag Stefan Schülke Fine Books, außerdem eine Collectors‘ Edition in einer Auflage von 25.

Pressetext, Van der Grinten Galerie, 2014